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Hürde oder Chance? Nachhaltigkeit und strategisches Management

08. Dezember 2022

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min. Lesezeit

Nachhaltigkeit ist strategisches Schlüsselthema, Chance und Herausforderung zugleich. So machen deutsche Unternehmen Nachhaltigkeit zum Erfolgsfaktor.

 

“Die Gegenwart von der Zukunft her denken”, so beschreibt Prof. Dr. René Schmidpeter die Herausforderung, der sich Firmen in diesem Jahrzehnt stellen müssen. Als Professor für Nachhaltiges Management an der IU Internationale Hochschule in Erfurt wertet er Nachhaltigkeit klar als Schlüsselthema für strategisches Management. Und damit ist er nicht allein: Immer mehr Unternehmen sehen sich, ob durch Kundenerwartungen, eigenes Bestreben oder neue Regularien, in der Pflicht, Nachhaltigkeit zu priorisieren.

Doch diese Priorisierung ist nicht immer einfach. Zu oft verlaufen mit viel Motivation begonnene Maßnahmen im Sande. Prozessanpassungen treffen auf Widerstand in den eigenen Reihen. So sehr das Thema Nachhaltigkeit eine Chance darstellt, es ist auch häufig mit einem Paradigmenwechsel verbunden, der tief in die Unternehmenskultur und -substanz eingreift und sich so als Hürde erweist.

Wie gelingt es deutschen Unternehmen, diese Herausforderung anzunehmen? Wie lassen sich Stakeholder, vom Management bis zu Mitarbeiter:innen, von der Relevanz der Thematik überzeugen? Und welche Vorteile hat es, jetzt in Nachhaltigkeit zu investieren?

Der Status Quo: Nachhaltigkeit in deutschen Unternehmen heute

Wie weit oben auf der Prioritätenliste steht Nachhaltigkeit denn bereits bei deutschen Unternehmen? Die Plattform LinkedIn gibt hier einen ersten Einblick. Auf der Liste der Jobs mit der am stärksten wachsenden Nachfrage landete der/die Nachhaltigkeitsmanager:in auf Platz 4 und gehörte damit eindeutig zum Trend für 2022


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Dennoch bleibt der Aufgabenbereich von Nachhaltigkeitmanager:innnen – auch unter den Berufsbezeichnungen Head of Sustainability, Sustainability Specialist oder Corporate Social Responsibility Manager (CSR) bekannt – unter Arbeitnehmer:innen unterrepräsentiert. Nur 0,05 % der auf LinkedIn vertretenen deutschen Arbeitskräfte sind hauptberuflich in diesem Bereich eingesetzt.

Erkennbar sind dabei auch branchenabhängige Unterschiede. Während sich 0,13 % der Beschäftigten in den Sektoren Bekleidung und Chemie um Nachhaltigkeitsmanagement kümmern, sind es nur 0,02 % beziehungsweise 0,03 % in den Bereichen Gesundheitswesen und Pharma sowie im Einzelhandel.


Jetzt ansehen: Mehr Nachhaltigkeit, weniger Müll: Einzelhandel im Umbruch


Diese Lücke zwischen Ideal und Realität in der Rolle von Nachhaltigkeit in Unternehmen bestätigen auch aktuelle Studien. So berichteten mehr als drei Viertel der Befragten (78 %) einer Untersuchung der Bertelsmann Stiftung unter Nachhaltigkeitsbeauftragten aus dem Jahr 2021, dass vor allem externe Anforderungen das Thema Nachhaltigkeit im eigenen Unternehmen forcieren – nicht etwa interne Initiativen. Dahingegen nannten nur 15 % der Vorstände zusätzliche Wertschöpfung als treibende Kraft ihrer Nachhaltigkeitsstrategie in einer Umfrage des Beratungsunternehmens Russell Reynolds Associates unter deutschen Vorstandsmitgliedern.

Der aktuelle Stand der Nachhaltigkeit ist damit der frühen Phase der Digitalisierung nicht unähnlich. Veränderung ist unvermeidbar – aber noch immer fehlt im strategischen Denken zu oft die Überzeugung, dass Nachhaltigkeit als Erfolgsfaktor der Zukunft ein Kernfeld unternehmerischen Handelns darstellt.

Nur ein Trendthema? Nachhaltigkeit und Leadership

Zweifellos ist Nachhaltigkeit ein aktuelles Schlagwort der europäischen und internationalen Wirtschaft. Die Hürden, denen sich Unternehmen gegenüber sehen, sind aber nicht zu unterschätzen. Immerhin ist Nachhaltigkeit per definitionem eine übergreifende Disziplin. „Nachhaltigkeit ist in allen Bereichen unseres Unternehmens zu finden“, berichtet etwa Stefan Kauß, Nachhaltigkeitsmanager der Bitburger Braugruppe und nennt unter anderem den Rohstoffeinkauf, Ressourcenverbrauch und Mitarbeiterweiterbildung. „Und dabei dürfen wir nicht aus den Augen verlieren, dass wir bei all dem auch noch wirtschaftlich denken und handeln müssen.“

Auf genau diesen vermeintlichen Widerspruch zwischen Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit weist Professor Schmidpeter hin. “Nachhaltigkeit bedeutet nicht weniger, sondern mehr Profit / Erfolg”, formuliert er klar im Interview mit PR-Firma Cision. Im Gegenteil: “Nachhaltigkeit ist der Polarstern, der die Richtung vorgibt, in der in Zukunft überhaupt noch Gewinne erzielt werden können.” “Nachhaltig wirtschaften” muss die neue Devise für Unternehmen lauten und ihre widersprüchliche Konnotation loswerden. Dies gilt vor allem für die DAX-Unternehmen.

Die konkreten Hindernisse, denen Nachhaltigkeitsmanager:innen begegnen, sind dabei zahlreich. In der bereits zitierten Bertelsmann-Studie gaben mehr als die Hälfte der Befragten (54 %) an, dass vor allem zu hohe Kosten und fehlende Ressourcen die Unternehmenstransformation zur Nachhaltigkeit verlangsamen. Fehlende Marktanreize und eine zu geringe Nachfrage wurden als nächste Faktoren genannt.

Letzteres ist aber aktuell im Wandel begriffen. So berichtet beispielsweise Ingo Speich, Head of Sustainability & Corporate Governance der Deka Gruppe, in Bezug auf den Finanzsektor: „Wir sehen im Markt zurzeit eine Sensibilisierung der Kunden im Hinblick auf Nachhaltigkeitsthemen.“ Mit welchen Strategien können also Nachhaltigkeitsmanager:innen und andere Stakeholder das Firmenmanagement von der Wichtigkeit des Themas überzeugen?

Management überzeugen, Mitarbeiter motivieren: 4 Strategien für mehr Nachhaltigkeit in Unternehmen

Nachhaltigkeitsmanager:innen kämpfen oft gleichzeitig an zwei Fronten: Einerseits müssen sie auf Management-Seite Überzeugungsarbeit leisten, um dauerhaft ausreichend Ressourcen und Entscheidungsgewalt zur Verfügung gestellt zu bekommen. Auf der anderen Seite gilt es, Mitarbeiter:innen aller Bereiche zu motivieren, Maßnahmen konsequent umzusetzen. Mit diesen 4 Strategien kann der Spagat gelingen.

1. Vorteile demonstrieren

Nachhaltigkeit wird für Management wie auch für Mitarbeiter:innen konkreter, wenn Investitionen in diesem Gebiet sich in greifbaren Vorteilen widerspiegeln. Hierzu können gehören:

  • Positionierung als Branchenführer bei Kunden, Stakeholdern und Konkurrenten
  • Sicherung der Zukunftsfähigkeit durch Krisenprävention und langfristige Wettbewerbsvorteile
  • Renditesteigerungen durch Prozessoptimierungen und verantwortlichen Umgang mit Ressourcen
  • Attraktivität als Arbeitgeber
  • Präventive, nicht nur reaktive, Konformität mit gesetzlichen Anforderungen

Diese und andere Benefits erfolgreich zu kommunizieren, gelingt unter anderem mit Hilfe nichtfinanzieller KPIs. 

2. Erfolge messen - und feiern

Schon die neuen Berichtspflichten wie die CSR-Richtlinie machen die Erhebung und Nachverfolgung von Nachhaltigkeitskennzahlen zur Notwendigkeit. Doch die richtige Wahl – und möglichst automatisierte Dokumentation – aussagekräftiger KPIs kann auch zum Motivator und zur treibenden Kraft hinter Veränderungen in der Unternehmenskultur werden. Erst wenn Erfolge quantifizierbar und damit greifbar werden, können sie individuelles Handeln positiv beeinflussen.

3. Verantwortlichkeiten definieren

Nur mit der Einrichtung der Rolle der/des Nachhaltigkeitsmanager:in ist es nicht getan: Mitarbeiter aller Bereiche müssen in Nachhaltigkeitsprozesse einbezogen werden, damit langfristige Veränderung möglich ist. Ein nicht zu unterschätzender Teil dieses Onboardings ist die konkrete Definition von Aufgaben und Verantwortlichkeiten. Erst wenn allen Beteiligten klar bewusst ist, welchen Beitrag sie zur Unternehmensnachhaltigkeit leisten können und müssen, sind Erfolge auf allen Managementebenen möglich. 

4. Commitment kommunizieren - nach innen und außen

Um die strategische Rolle von Nachhaltigkeit weiter zu stärken, müssen Unternehmen diese konsequent kommunizieren. Dabei ist Kommunikation rund um Nachhaltigkeitsthemen keine Einbahnstraße - gerade das ehrliche Feedback von Kund:innen und Mitarbeiter:innen kann Lücken im Prozess aufdecken und zur Optimierung beitragen. Ein weiterer Schlüsselfaktor ist hierbei allerdings auch, mit Hilfe konkreter Ziele und ihrer Erreichung Commitment zu demonstrieren, in der Berichterstattung wie in der internen Kommunikation.

Jetzt Nachhaltigkeit priorisieren und langfristig unternehmerischen Erfolg sichern

„Investoren haben längst erkannt, dass die risikoadjustierte Rendite von nachhaltigen Unternehmen höher ist als bei anderen“, so bringt es Prof. Dr. Schmidpeter auf den Punkt. Das Management von Unternehmen jeder Größenordnung, vom Großkonzern bis zum KMU, steht damit unter Zugzwang. Je schneller Maßnahmen zur langfristigen Sicherung von Nachhaltigkeit ergriffen werden können, desto größer sind potenzielle Wettbewerbsvorteile.

LinkedIn Job Studie zu Nachhaltigkeitsberufen
DE-Ebook-Sustainability_LinkedIn_Studie-Cover

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