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Aufgedeckt: 5 weit verbreitete Irrtümer über die Circular Economy

14. Dezember 2023

|

min. Lesezeit

Eine der größten Herausforderungen unserer Zeit ist es, die Verbesserung des Lebensstandards mit dem weltweiten Bedarf an natürlichen Ressourcen und Energie in Einklang zu bringen.
Eine praktikable Lösung ist die Förderung einer Circular Economy, die den Schutz der Umwelt mit wirtschaftlichen Vorteilen für Unternehmen verbindet und gleichzeitig moderne Bequemlichkeiten aufrechterhält. Aufgrund von Fehlinformationen über die Circular Economy zögern Unternehmen und Branchen jedoch, kreislauforientierte Geschäftsmodelle einzuführen. Lassen Sie sich nicht von Fehlinformationen davon abhalten, Gutes zu tun!

In diesem Artikel erfahren Sie:

  • Was die Circular Economy ist und wie sie Ihrem Unternehmen helfen kann
  • Wie sich die Circular Economy von dem deutschen Begriff der Kreislaufwirtschaft unterscheidet
  • Fünf gängige Mythen über die Circular Economy, die Ihren Fortschritt behindern können, und warum diese nicht stimmen.  
  • Warum Produkt- und Dienstleistungssektoren für die Gesellschaft entscheidend sind, um eine Circular Economy zu erreichen.

Was ist die Circular Economy?

Die Circular Economy entkoppelt die ungebremste Nutzung natürlicher Ressourcen und die damit verbundene Umweltzerstörung vom Wirtschaftswachstum, indem sie die Ressourceneffizienz steigert.

Es gibt verschiedene Definitionen der Circular Economy, aber alle stimmen mit diesem Konzept überein. Die Circular Economy wendet sich vom linearen Wirtschaftsmodell  "nehmen - produzieren - verbrauchen - wegwerfen" (take - make - waste) ab. Dieses neue Wirtschaftsmodell wertet Materialien auf und zielt darauf ab, ihren Nutzen zu verlängern, indem der Kreislauf durch Wiederverwendung, Recycling, Reparatur, Aufarbeitung, Leasing und Sharing-Strategien so weit wie möglich geschlossen wird. Die Planung und das Design von Produkten, die Materialien aus gebrauchten Produkten enthalten, die im Rahmen von Kreislaufmodellen nicht als Abfall betrachtet werden, tragen zur Kreislaufwirtschaft bei.

Die Einführung einer Kreislaufwirtschaft ist aus unternehmerischer Sicht wichtig, da sie viele Herausforderungen löst, mit denen die Industrie derzeit  konfrontiert ist. Die Circular Economy kann:

  • Produktionsverzögerungen vermeiden, die durch unzuverlässige internationale Lieferketten verursacht werden. Gründe hierfür sind die unsichere Weltpolitik und unsichere Treibstoffpreise.
  • Durch Materialkreisläufe das Wirtschaftswachstum im Kontext endlicher natürlicher Ressourcen aufrechterhalten.  
  • Innovation fördern, um Hindernisse in Wissenschaft, Technologie und Technik zu überwinden und neue Arbeitsplätze zu schaffen.
  • Die Kosten der Abfallbewirtschaftung durch die Nutzung von Altprodukten als Ressourcen senken, anstatt diese auf Deponien zu lagern.

Fünf Irrtümer über die Circular Economy

Alexa Böckel, Mitautorin des Buches "Mythen der Circular Economy", erklärt: 

„Mythen sind Geschichten, die wir uns selbst erzählen, um den aktuellen Status Quo zu rechtfertigen. Sie halten uns davon ab, einen substanziellen Wandel hin zu einer Circular Economy zu vollziehen. Das Zerstören dieser Mythen öffnet unser Denken und unsere Möglichkeiten, so dass wir über zirkuläre Alternativen nachdenken können. Wir müssen anfangen, über das nachzudenken, was möglich ist, anstatt uns an das zu klammern, was unmöglich ist.‟

Die Industrie ist in der Lage, die Circular Economy umzusetzen. Werfen Sie daher einen Blick auf diese fünf gängigen Mythen und Irrtümer über die Circular Economy, die Sie von diesem Geschäftsmodell abhalten könnten.

Irrtum Nr. 1: Die Circular Economy ist ein neuer Trend

Das Konzept der Circular Economy ist nicht neu. Einige Wissenschaftler argumentieren, dass die Circular Economy und das Systemdenken in Ökonomie und Ökologie bereits Jahrzehnte alt sind, ebenso wie einzelne Elemente der Circular Economy:

  • Das Cradle-to-Cradle (C2C)-Konzept, das erstmals in den 1990er Jahren von Michael Braungart und William McDonough vorgeschlagen wurde, ist ein Designprozess zur Abfallvermeidung durch die Entwicklung von Produkten aus sicheren Materialien, die zur Herstellung neuer Produkte wiederverwendet werden können;
  • Ebenso die 1989 von Frosch und Gallopoulos vorgeschlagene Industrial Ecology, bei der jeder Output von den Marktakteuren als neuer Input genutzt wird, um eine Balance zwischen industrieller Produktion und ökologischer Nachhaltigkeit zu erreichen.

Auch andere umfassendere Konzepte sind weder neu noch ausschließlich für Modelle der Circular Economy relevant. Saubere Produktion (cleaner production) zielt beispielsweise auf die Vermeidung von Abfällen im Rahmen des Umweltmanagements ab, während Ökoeffizienz die Verringerung des Ressourcenverbrauchs bei der Produktion von Gütern und Dienstleistungen sowie die Reduzierung von Abfällen und Umweltverschmutzung anstrebt. Darüber hinaus ist das Closed-Loop-Supply Chain Management auf den gesamten Lebenszyklus von Produkten und Dienstleistungen ausgerichtet und erfordert die Zusammenarbeit zwischen den Partnern in der Lieferkette.

Kreislaufwirtschaft: Die deutsche Circular Economy?

In Deutschland ist 'Kreislaufwirtschaft' nicht das umfassende Konzept, um das es hier geht und das als Circular Economy bezeichnet wird. Das Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) bezieht sich nur auf ein Abfallwirtschaftssystem, das 1994 eingeführt wurde. Das KrWG stellt ausschließlich die Ressourceneffizienz zur Schonung der natürlichen Ressourcen und zur Sicherung der umweltverträglichen Beseitigung von Abfällen in den Vordergrund (KrWG § 1).

Ziel des Kreislaufwirtschaftsgesetzes ist es, Abfälle zu vermeiden, indem die Menge der zu deponierenden Abfälle verringert wird (vgl. KrWG § 2, Abs. 1). Abfälle werden getrennt und stofflich verwertet (Recycling) oder verbrannt, um eine energetische Verwertung zu erreichen.

Obwohl die Kreislaufwirtschaft manchmal mit dem ganzheitlichen Modell der Circular Economy verwechselt wird, sind das breitere Konzept und die Anwendungen der Circular Economy auch in Deutschland gut etabliert.

Irrtum Nr. 2: Zirkuläre Geschäftsmodelle sind immer nachhaltig

In der Theorie der Circular Economy wird davon ausgegangen, dass durch endloses Recycling Zero Waste erreicht werden kann. Dies ist jedoch nicht immer möglich. Branchen, die Modelle der Circular Economy anwenden, sollten nicht enttäuscht sein, wenn ihre chemischen, biologischen und industriellen Prozesse den Kreislauf nicht vollständig schließen können.

Selbst wenn ein System Materialien effizient wiederverwendet, gehen in allen Kreisläufen nach und nach Materialien und Energie verloren, weil Nebenprodukte entstehen, Vermischungen auftreten, die Qualität leidet. Der Übergang zu einer Circular Economy macht es daher erforderlich, dass auch neue Materialien und neue Energie zugeführt werden. Um dies zu kompensieren, ist der Umstieg auf emissionsfreie erneuerbare Energien notwendig.

Weitere Herausforderungen sind Materialeinschränkungen, technologische Hindernisse und spezifische toxische Abfallströme. Praktische Schwierigkeiten bestehen auch darin, Abfälle als Sekundärrohstoffe mit der Produktion zu verknüpfen.

Auch bei Kreislaufsystemen kann es zu Umweltverschmutzung und CO2-Emissionen kommen. Ebenso ist der soziale Nutzen nicht vollständig gegeben, da oft noch zusätzlich Menschen beschäftigt werden, um Abfälle von Hand zu sortieren. Die Einführung einer Circular Economy kann jedoch ein Beitrag zur Erfüllung der Berichtspflichten im Rahmen der EU-Richtlinie über die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (Corporate Sustainability Reporting Directive, CSRD) sein.

Irrtum Nr. 3: Die Circular Economy schadet Herstellern

Die Industrie befürchtet, dass die zirkuläre Produktion zu einem Rückgang der Verkaufszahlen und der Kapitalrendite (ROI) führt, da sie die Lebensdauer der Produkte verlängert und Reparaturen ermöglicht. Ein Blick auf das Gesamtbild zeigt: Das Gegenteil ist der Fall. Die Circular Economy kann sowohl für Unternehmen mit bestehenden Produkten als auch für Unternehmen, die neue Produkte entwickeln wollen, zu einer Steigerung der Kapitalrendite führen.

Untersuchungen des EHI von 2023 haben ergeben, dass Retouren im Modebereich Online-Händler im Schnitt fünf bis zehn Euro kosten, für Möbel und Einrichtungsgegenstände liegt der Preis sogar zwischen zehn und zwanzig Euro. 75 % der befragten Online-Händler tragen die Kosten der Retouren. Hinzu kommen aber noch die arbeits- und kostenintensive Prüfung, Sortierung und Qualitätskontrolle der Artikel sowie eventuelle Reparaturen. Dabei lagen die Retourenquoten im Bereich Fashion durchschnittlich bei 26 bis 50 %, in Einzelfällen auch bei bis zu 75 %. 2023 war laut Statista Bekleidung das am häufigsten zurückgesendete Produkt von Konsument:innen.  

Unzufriedenheit ist einer der Hauptgründe für Retouren, deren vollen Ausmaß und Folgen sich die Geschäftsführung oft nicht bewusst ist. Die Herstellung qualitativ hochwertiger und langlebiger Produkte bietet die Möglichkeit zum Angebot von Reparatur- und Wartungsdiensten und zur Stärkung der Kundenbindung.

Laut einem Bericht von Forbes aus dem Jahr 2022 nimmt auch die Refabrikation (remanufacturing) zu, bei der die Unternehmen qualitativ hochwertige und kostengünstige Sekundärmaterialien verwenden. Dadurch sinkt der Bedarf an teuren neuen Rohstoffen um 50-98 % und der Energieverbrauch um 55-90 %. Unternehmen, die auf Refabrikation setzen, verursachen weniger Kohlendioxidemissionen, was zu Einsparungen bei den Kohlendioxidsteuern führt.

Forbes berichtet, dass die weltweite Refabrikation, die derzeit einen Umsatz von 80 Milliarden USD erwirtschaftet und nur 2 % der verkauften Produkte ausmacht, bis zum Jahr 2050 einen Wert von 25 Billionen USD erreichen wird. Zirkuläre Produkte gibt es in allen Branchen, z. B. in der Automobilindustrie, in der Technik und in medizinischen Geräten.

Irrtum Nr. 4: Circular Economy ist nur ein schicker Name für Recycling

Recycling ist ein wichtiges Element der Circular Economy. Diese ist jedoch mehr als nur Recycling – sie ist ein ganzheitlicher Ansatz, der auch andere grundlegende Bestandteile umfasst. Die Gestaltung von Produkten im Hinblick auf Langlebigkeit und Reparatur, die Auswahl und Verwendung von Materialien, die Herstellung, der Vertrieb und die Rücknahme von Produkten am Ende ihrer Lebensdauer sind wichtige Bestandteile einer Circular Economy. Zur Circular Economy gehören manchmal auch neue Formen des Produktbesitzes wie Leasing, Sharing, Servicepakete und Inzahlungnahme.

So erleichtern zirkuläre Produktdesigns, die eine einfache Demontage ermöglichen, die Reparatur oder den Austausch nur bestimmter beschädigter Komponenten und ermöglichen eine effiziente Materialtrennung für das Recycling.

In den Modellen der Circular Economy wird das Recycling bereits in der Planungsphase berücksichtigt, um die Versorgung mit Materialien zu sichern und den Verbrauch von neuen Ressourcen zu verringern. Das Recycling in einer linearen Wirtschaft ist nur ein Entsorgungsweg von vielen Möglichkeiten der Abfallwirtschaft.

In der Circular Economy wird das Recycling mit dem Maß der Zirkularität bewertet. Dieses bezieht die recycelte Abfallmenge auf den Herstellungsprozess selbst, nämlich die dabei eingesetzten Materialien. Die herkömmliche Recycling- oder Verwertungsquote, die zur Bewertung des Entsorgungsmanagements herangezogen wird, kann jedoch nicht die komplexen und umfassenden Konzepte der Circular Economy abdecken.

Gary Lewis, Geschäftsführer von Resourcify, erklärt, warum die Circular Economy oft mit Recycling gleichgesetzt wird:

„Recycling ist die Grundlage, aber die Circular Economy ist die Blaupause. Bei Resourcify geht es nicht nur um das Recycling von Abfallströmen; wir sind Architekten eines nachhaltigen Ökosystems. Recycling spielt eine entscheidende Rolle, aber unser Fokus geht darüber hinaus. Wir versetzen Unternehmen in die Lage, durch innovative Rücknahmesysteme in die Circular Economy einzusteigen und wertvolle Ressourcen im Kreislauf zu halten. Die Assoziation mit Recycling kommt von seiner sichtbaren Wirkung, aber das Wesentliche ist die Schaffung eines ganzheitlichen Systems, in dem Abfall zu einer Chance und Nachhaltigkeit zur Norm wird, damit Unternehmen verantwortungsvoll gedeihen können.‟

Irrtum Nr. 5: Die Circular Economy funktioniert nur, wenn sich das Verhalten der Verbraucher:innen ändert

Die Gewohnheiten der Verbraucher:innen und die Nachfrage nach umweltfreundlichen Produkten können die Industrie und die Regierungen dazu veranlassen, Modelle der Circular Economy einzuführen. Die Verantwortung für die tatsächliche Umsetzung der Circular Economy liegt jedoch bei den Unternehmen und Regierungen.

Mehrere Verordnungen der Europäischen Kommission wie der Circular Economy Action Plan, der den Green Deal unterstützt, und Vorschläge wie die Green Claims-Richtlinie sehen bereits Anreize und Sanktionen vor, um Industrie und Unternehmen zum Übergang zu einer Circular Economy zu motivieren.

Die Vorschriften haben jedoch nicht ausgereicht, um die Circular Economy zu verbessern. Dem Circularity Gap Report zufolge ging die Wiederverwendung von Materialien von 8,6 % im Jahr 2022 auf 7,2 % im Jahr 2023 zurück.

Es wird Aufgabe der Industrie sein, kreislauffähige Produkte und Dienstleistungen zu entwickeln. Beispielsweise sollten Produkte so entworfen werden, dass sie leicht demontiert werden können, damit die Verbraucher:innen beschädigte Teile reparieren und ersetzen können, anstatt ein ganz neues Produkt zu kaufen.

Beim Aufbau einer nachhaltigen Infrastruktur müssen Industrie und Regierung zusammenarbeiten. Staatliche Unterstützung ist erforderlich, um neue Unternehmen für weit verbreitete Reparatur-, Wartungs- und Recyclingdienste, Abfalltrennung und -sammlung, Sekundärmaterialverarbeitung, Großhandelseinkauf usw. zu gründen.

Die Umsetzung der Circular Economy

Die Integration der Prinzipien der Circular Economy in die Unternehmensstrategie bringt nicht nur finanzielle Vorteile mit sich, sondern erhöht auch die Widerstandsfähigkeit gegenüber Ressourcenknappheit und Marktschwankungen. Dabei ist klar, dass der Übergang von einer linearen Wirtschaft zu einer Circular Economy nicht vollständig geschlossen oder nur auf Recycling ausgerichtet sein muss.

Der Übergang zur Circular Economy steht im Einklang mit der ökologischen Vorreiterrolle. Die Irrtümer der Circular Economy sollten Unternehmen nicht davon abhalten, aktiv zu werden. Letztendlich ermöglicht die Integration von Kreislaufprinzipien der Industrie, positive Umweltveränderungen voranzutreiben und gleichzeitig ihre eigene langfristige Rentabilität und ihr Wachstum zu sichern.

Laden Sie unseren Leitfaden herunter und erfahren Sie mehr über praktische Anwendungen für Ihr Unternehmen, um die Circular Economy zu fördern.

Die Circular Economy: Vorteile für Unternehmen und praktische Anwendungen
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